Ein
Stahlhelm voller Eier
In der ersten Mobilmachungsnacht im September 1939 wurden meine
Geschwister und ich
von unserer Mutter geweckt, um uns von unserem Vater zu verabschieden.
Es war nachts 01:30 Uhr,
da klopfte unser Vetter, der damalige Bürgermeister Flach an der
Haustür und erklärte meinem Vater,
dass er sich sofort mit unserem Lehrer und anderen Männern aus Salz und
Freiensteinau nach
Ulrichstein in Marsch zu setzten hätte, da dies vom Wehrbezirkskommando
in Giessen so angeordnet worden war.
Mein Vater war Jahrgang 1899 und Ende des ersten Weltkriegs aktiver
Soldat gewesen. Wir waren vier Geschwister.
Mein älterer Bruder Heinrich war damals gerade 16 Jahre alt, meine
Schwester Johanna war 14 Jahre und ich und
meine Zwillingsschwester Kätha waren 8 Jahre alt. Mein jüngster Bruder
wurde am 7. Oktober 1939 geboren.
Von diesem Tag an begann für uns alle im Dorf eine sehr schwere
Zeit.........
Fechter
und Stipper
Im Hessen-Darmstädtischen waren dies die Fechter. Im angrenzenden
Isenburgerischen
hießen sie Stipper. Wer waren diese Männer? Es handelte sich
ausschließlich um Männer, die in
ihrem Leben gescheitert waren - aus welchen Gründen auch immer. Sie
hatten nichts als ein
Krückstock und waren von Dorf zu Dorf im Sommer und Winter unterwegs.
Sie gingen von Haus zu Haus.
Sie brauchten nicht viele Worte zu machen, jeder wusste, wer sie waren.
Manchmal kamen an einem Tag zwei Fechter durch das Dorf und manch eine
Frau murmelte,
dass an diesem Tag schon einer dagewesen sei. Ihre Worte waren:" Ein
armer Mann ist unterwegs".
Vermutlich waren in dieser Gruppe alle Volksschichten vertreten und
waren auch sehr unterschiedlichen Alters.
Die jungen unter ihnen hatten es wohl schwerer als die älteren. Die
Dorfbewohner kannten die meisten
namentlich. Der bekannteste war der "Fechterhannes". Ich habe ihn als
Kind kennengelernt, da war er
wohl um die 50 Jahre alt. In meiner Erinnerung war er ein großer
schmaler Mann, er einen Schlapphut und
einen Keepumhang trug. Dieser Umhang war ein Mantel ohne Ärmel mit
tiefen seitlichen Taschen.
Er war wie viele seiner Zunftkollegen dem Alkohol hörig.........